Autoren: Johannes Brombach (Innovation for ENERCON GmbH), Swantje Nikolai (Wobben Research and Development GmbH, Benedikt Ramisch (ENERCON Consulting Services GmbH)

Im Rahmen des enera-Projektes wurde im ENERCON-Labor am Standort in Wilhelmshaven eine Verteilnetznachbildung entwickelt, um Versuche mit unterschiedlichen Netzreglern durchführen zu können (siehe Lösungsartefakt „Ertüchtigung der Netzlaborumgebung zur Untersuchung von Betriebs- und Schutzkonzepten mit hoher und dominant Umrichter-basierter EE-Einspeisung“). Bei Versuchen am Rande des Projektes hat sich ein zusätzlicher Forschungsbedarf herausgestellt. Es konnte gezeigt werden, dass die Strategien zur Fehlerstromeinspeisung (FRT – Fault-Ride-Through) umrichterbasierter Einspeiser in leistungselektronisch dominierten Verteilnetzen auch bei topologischen Netzumschaltungen getriggert werden können. Netzfehler im Sinne von Kurzschlüssen sind hier nicht ursächlich. Der Modus zur Einspeisung von zusätzlicher spannungsstützender Blindleistung konnte auch ausgelöst werden, wenn sich die Blindleistungsbilanz im Netz stark ändert, wie z.B. beim Ausfall einer Netzdrossel oder dem Ausfall einer Leitung eines Doppelsystems. Im Speziellen hat sich gezeigt, dass heutige Fehlerstrategien mit bestimmten Parametrierungen nicht in jedem Fall für das Durchfahren eines Fehlers geeignet sind, wenn das Netz umrichterdominiert ist. Trotz eines richtlinienkonformen Verhaltens wurden Szenarien gefunden, bei der die Störung der Blindleistungsbilanz zu einer Spannungsänderung führt, welcher durch die leistungselektronischen Einspeiser zwar entgegengewirkt wird, aber es trotzdem bei einer dauerhaften Spannungsabweichung bleibt, welche ausreicht, dass sich die Einspeiser richtlinienkonform trennen.

Des Weiteren hat sich ein Forschungsbedarf bei der Interaktion von Fehlerstrategien und Netzschutz gezeigt, da nachgestellt werden konnte, dass bei sehr hohen Penetrationen die Selektivität des Netzschutzes unter bestimmten Rahmenbedingungen verloren gehen kann.

Um die Phänomene reproduzierbar abbilden zu können, wurde das enera-Testnetz um Messtechnik und Netzschutzrelays erweitert und zu einem Benchmark- Verteilnetz weiterentwickelt, um Untersuchungen in vermaschten Verteilnetzen mit einer hohen Umrichterpenetration durchführen zu können (siehe Lösungsartefakt „Ertüchtigung der Netzlaborumgebung zur Untersuchung von Betriebs- und Schutzkonzepten mit hoher und dominant Umrichter-basierter EE-Einspeisung“).

In dem erweiterten Testnetz konnten nun unterschiedliche Parametrierungen für die Windenergieanlagen und auch den Netzschutz erprobt werden. Dabei konnten Parametrierungen gefunden werden, welche in hoch penetrierten Verteilnetzen ein sicheres Durchfahren von Netzfehlern ermöglichen, das Durchfahren von topologischen Netzumschaltungen ermöglichen und die Selektivität des Netzschutzes sicherstellen. Die Ergebnisse werden dabei über ENERCON und EWE in zukünftige Netzanschlussrichtlinien über die Gremienarbeit eingespielt.

Darüber hinaus wurden in dem Laboraufbau auch neue Einspeisestrategien erprobt, bzw. Anforderungen für neue Einspeisestrategien abgeleitet, um den Anforderungen von rein umrichtergespeisten Verteilnetzen gerecht zu werden.