Autoren: Dr. Hauke Held und Dr. Michael Richter, EWE AG

enera Redaktion: „Hauke und Michael, ihr habt als Projektleiter die Kooperationen mit jungen, innovativen Unternehmen im Rahmen des enera Arbeitspakets "Neue Geschäftsmodelle im Kontext des digitalen Energiesystems" betreut. Was ist das Besondere an Augmented Energy?“

Hauke Held: „Augmented Energy steht für ein Projekt, dass wir sehr erfolgreich mit dem Startup Senselab.io durchgeführt haben. In diesem Projekt konnten wir die Augmented Reality Technologie erproben und mit spannenden Elementen aus den Bereichen Data Science, und hier insbesondere Objekterkennung mit künstlicher Intelligenz, Kundeninteraktion und natürlich Smart Metering kombinieren. Mit diesen Elementen war das ein perfekter Anwendungsfall für ein gemeinsames Entwicklungsprojekt im enera Kontext, denn es vereint im Prinzip die wesentlichen Bereiche von enera.“

enera Redaktion: „Hauke, kannst Du kurz erklären, was Augmented Reality bedeutet?“

Hauke Held: „Augmented Reality selbst kennt man vielleicht aus Smartphone-Spielen wie Pokemon Go. Dabei wird auf dem Bildschirm über dem realen Bild, das z.B. von der Smartphone-Kamera aufgenommen wird, eine virtuelle Ebene mit zusätzlichen Informationen oder Animationen eingeblendet.“

Michael Richter: „Wir hatten tatsächlich schon länger vor, im Rahmen einer Startup-Kooperation Augmented Technology einzusetzen und auszuprobieren, weil die denkbaren Anwendungsfälle sehr vielfältig sind. Man denke zum Beispiel an die Unterstützung von Technikern im Feld, die Informationen oder Anleitungen zu sehr individuellen technischen Elementen eingeblendet bekommen oder die visuelle Unterstützung von Verkäufern in unseren Shops. Da sind der Fantasie ja kaum Grenzen gesetzt. Dass es dann tatsächlich zu diesem konkreten Projekt kam, hing auch mit etwas Glück zusammen.“

enera Redaktion: „Mit Glück?“.

Hauke Held: „Ja. Mit Glück und Überzeugungskraft. Wir haben im Sommer 2018 das große Startup-Pitch-Event pitchX in Bremen organisiert und hatten dafür eine Vielzahl von Bewerbern aus dem In- und Ausland. Senselab.io war glücklicherweise auf uns aufmerksam geworden und war dann das Startup, das sich mit seiner Projektidee in der Kategorie Kundeninteraktion bei einer hochkarätig besetzten Jury durchgesetzt hat und so für die Kooperation ausgewählt wurde.“

enera Redaktion: „Das klingt sehr spannend. Was genau war denn das Ziel dieser Kooperation?“

Michael Richter: „Senselab.io hat eine Augmented Reality-Lösung als Smartphone-App gepitched, die Energieinformationen zu Haushaltsgeräten für Endverbraucher einblenden sollte. Im Rahmen der Projektvorbereitung haben wir dann gemeinsam mit den Data Scientisten im enera DataLab und Kollegen aus dem enera Team zur Bürgerbeteiligung entschieden, dass diese App dann zusätzlich die entsprechenden Geräte, z.B. den Fernseher, die Spülmaschine oder den Herd auch erkennen soll, um praktisch und einfach nutzbar zu sein. Und um die Nutzung attraktiver zu machen, wollten wir auch zusätzlich noch einen Gamification-Ansatz ausprobieren, in dem wir an einigen Geräten sogenannte Mini-Games anheften wollten.“

Hauke Held: „Die Vision dabei war, dass das Handy in Zukunft ganz einfach einzelne Verbraucher im Haushalt erkennt und dann Echtzeit-Informationen zu Verbrauch oder Erzeugung und ggf. auch mit Anomalie-Erkennung dem Zustand sozusagen im Vorbeigehen liefert und man so ein ganz neues Bewusstsein zu Verbräuchen und auch Einsparpotenzialen entwickeln kann. Energie aus einer neuen Perspektive eben. Darauf aufbauend lassen sich viele verschiedene Geschäftsmodelle und –services vorstellen. Für unser Projekt haben wir uns dann erstmal vorgenommen, einzelne Bausteine auf diesem Weg zu entwickeln und zu demonstrieren und Erfahrungen in dem Bereich zu sammeln.“

enera Redaktion: „Wie seid ihr dabei vorgegangen?“

Hauke Held: „Wir hatten zum Start des Projekts mehrere Workshops in Oldenburg, in denen wir mit Senselab.io den grundsätzlichen Inhalt und das Design der App entwickelt haben. Danach haben wir in einer Sprintlogik gearbeitet. Jeder hatte dabei seinen Bereich und seine Aufgaben und wir haben uns ca. alle vierzehn Tage synchronisiert und gemeinsam besprochen, welche Aufgaben im nächsten Sprint wichtig sind, um dem Ziel, einer lauffähigen App, schnell näher zu kommen.“

Michael Richter: „Dieses Vorgehen war insbesondere hilfreich, als wir die ersten Versionen der App ausprobieren konnten und im immer weiteren Kollegenkreis getestet haben. Hier gab es dann viele hilfreiche Hinweise und Vorschläge, was noch verbessert werden könnte und vieles davon konnte dann jeweils im nächsten Sprint berücksichtigt werden.“

enera Redaktion: „Und wie sieht nun die fertige App aus? Wie kann man sie installieren?“

Hauke Held: „Wir haben einige Bilder und Screenshots für dieses Interview mitgebracht. Da kann man schon einen ganz ordentlichen Eindruck gewinnen. Im App Store direkt kann man die App heute leider noch nicht herunterladen, weil es nach wie vor eine Entwicklungsversion ist, die über einen speziellen Test-AppStore installiert wird. Die App ist aber so weit, dass wir sie nicht nur Testnutzern zur Verfügung gestellt haben, sondern sie auch schon bei größeren Veranstaltungen präsentiert und dort Nutzerfeedback eingesammelt haben.“

Michael Richter: „Ja, insbesondere bei einer Veranstaltung zu Technologieinnovationen im EWE Konzern haben wir recht positives Feedback bekommen. Dort wurde hauptsächlich die Funktion der App ausprobiert, Gegenstände zu erkennen und dann individuelle Informationen und Hinweise dazu einzublenden. In der Testversion werden zu den erkannten Verbräuchern zwar noch keine Echtzeitinformationen eingeblendet, aber die Objekterkennung funktioniert für verschiedene Haushaltsgeräte und es gibt generische Verbrauchsinformationen und in Analogie zur enera App auch Tipps & Tricks sowie Fun Facts zu den einzelnen Gegenständen. Man konnte das also schon sehr realistisch testen.“

Hauke Held: „Ein weiteres Highlight war sicherlich auch die Präsentation der App auf dem enera Stand auf der eWorld 2020 in Essen, dem größten Energie-Branchentreffen im deutschsprachigen Raum. Hier haben wir mit `Flying SAM` ein AR Mini-Game aus der App in den Vordergrund gestellt, bei dem es darum geht, mit unserem in enera verwendeten Smarten Auslesemodul (SAM) auf einem virtuellen Parcours Energiewende-Verhinderer zu beseitigen. Das klingt jetzt erstmal etwas spielerisch, hat aber zu sehr hoher Aufmerksamkeit am Stand geführt und uns noch einmal gezeigt, dass diese Art der Augmented Reality-Interaktion Nutzer anzieht und im Fall der Messe für viele interessierte Gespräche gesorgt hat.“

enera Redaktion: „Und wie geht es nun weiter mit der SAM AR App?“

Hauke Held: „Das ist eine gute Frage. Fakt ist, dass für eine App, die den Nutzern dauerhaften Mehrwert bietet, noch weitere Entwicklung, z.B. die Echtzeitanbindung von einzelnen, auf Geräte zurückgeführten Verbräuchen notwendig wäre. Das initiale Kooperationsprojekt aus dem pitchX-Startup-Wettbewerb heraus ist allerdings erstmal abgeschlossen und wir haben hier eine Menge über die Einsatzmöglichkeiten von Augmented Reality aber auch Objekterkennungsalgorithmen auf Smartphones und Mini-Games als Form der Kundeninteraktion gelernt. Die Frage ist nun, wie das weitere Nutzer-Feedback in den Tests sein wird und ob sich dann die notwendigen Weiterentwicklungen rechnen. Das können wir heute noch nicht abschließend sagen.“

enera Redaktion: „Wir drücken die Daumen. Vielen Dank für eure Zeit!“