Autoren: Simon Albrecht; Hochschule Fresenius

Im Rahmen der Grid4Mobility Entwicklung war das Ziel dieses Lösungsartefakts die Recherche und Ableitung von organisatorischen Erfolgsfaktoren, die bei der Implementierung der Blockchain Technologie im Unternehmen und der Entwicklung von entsprechenden Produkten und Dienstleistungen unterstützend wirken können. Insbesonders sollten Erfahrungen mit der Nutzung von Blockchain als koordinierendes Unterstützungssystem in Netz und Markt gesammelt werden. Hierzu wurde ein mixed-method Forschungsdesign angewandt, in dem verschiedene Arten von qualitativen und quantitativen Datenquellen zu verschiedenen Zeitpunkten herangezogen und anschließend trianguliert wurden. Dazu zählten neben semi-strukturierten Tiefeninterviews vor allem Literaturrecherchen, Focus Groups und auch Case Study Elemente wie die Betrachtung von Prototyp-Demonstrationen und Programmiercode. Durch die Diversifizierung der Forschungsmethoden wurde die Verallgemeinbarkeit von den gewonnenen Erkenntnissen gewährleistet.

Im Vergleich zur den in der Literatur erfassten Implementierungserfahrungen von anderen Technologien (wie z.B. ERP-Systeme, Cloud-Computing, etc.) zeigen die Ergebnisse eine besondere Relevanz von Erfolgsfaktoren aus technischen und interorganisatorischen Kategorien, während Personal-, Projektmanagement- und strategische Kategorien im Schnitt geringere Relevant aufwiesen. So zeigt sich die besondere Berücksichtigung von regulatorischen Faktoren als nutzenstiftend, da so Komplikationen bei noch unklarer Gesetzeslage vermieden und Zeitinvestitionen effizient genutzt werden können. Gleiches gilt für die Kollaboration verschiedener Partner zu Entwicklung von Blockchain Systeme. Durch die aktuell vorherrschende Knappheit an geeigneten Entwicklern (die z.B. die Programmiersprache Solidity beherrschen), ist die Bündelung von Kompetenzen und Ressourcen eine naheliegende Lösung. In dem Kontext solcher interorganisatorischen Kooperationen, empfahl es sich, einen möglichst hohen Grad an etablierten und standardisierten open source Systemarchitekturen zu nutzen (z.B. Ethereum, Rasperry Pi), da die Erschaffung neuer Schnittstellen und die Anpassung von Systemintrinsischen Elementen (z.B. Smart Contracts), einen hohen Aufwand zur Testung und Verbesserung erfordern. Hier erweisen sich strukturierte Prozess zum Prototyping und vor allem zum Troubleshooting unvorhergesehener Herausforderungen als Erfolgsfaktor. Unter Betrachtung weiterer IT-fokussierter Kategorien fiel auf, dass für die erfolgreiche Durchführung von Blockchain Projekten, zumindest initial, keine besonders kostspielige IT Infrastruktur notwendig ist. Anders als z.B. bei der Anwendung von modernen Machine-Learning Methoden muss keine aufwendige Hardware in Betrieb genommen und gewartet werden. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Nutzung von Blockchain im Kontext von kritischer Netzinfrastruktur nur mit privater Governance-struktur sinnvoll ist. Anders als bei öffentlichen Blockchain-Netzwerken, bei denen rechenintensive Konsensmechanismen verwendet werden, bedarf die Nutzung vom verbreiteten Proof-of-Authority Mechanismus keinen großen Rechenaufwand. In diesem Kontext zeigt sich auch die Problematik der Blockchain Technologie, bei der in jedem Anwendungsfall Zielkonflikte zwischen Datenintegrität, Datenschutz und Performance entstehen. Der pragmatische Umgang mit Trade-offs zwischen den genannten Zielen, erweist sich hier als Treiber für erfolgreiche Projekte. Im Falle der betrachteten Infrastruktur, definieren nationale und internationale Vorgaben (z.B. DSGVO) ein Mindestmaß an zentraler Daten-Governance, sowie eine hohe Performance, durch die Grundelemente der ursprünglichen Blockchain Idee, dezentrale Kontrolle und Unveränderlichkeit der Daten, in den Hintergrund rücken. Als wichtigster Unternehmenskultureller bzw. – strategischer Erfolgsfaktor hat sich ein Change Management im Umgang mit digitalen Technologien erwiesen. Durch die Schaffung von neuen Agenten-basierten und automatisierten Prozessen, entstehen typischerweise Ängste vor Rationalisierungen von Personalaufwendungen in verschiedenen traditionellen Abteilungen. Entsprechend relevant sind grundlegende Informationsveranstaltungen wie neuartige Technologen bestehende Prozesse zu Gunsten von und nicht als Bedrohung von Mitarbeitern optimieren.

Die Erkenntnisse zeigen, dass sich die Implementierung von Blockchain Systemen durch andere Erfolgsfaktoren als vergangene Technologien auszeichnen. Die ist allerdings nur bedingt durch die spezifischen Technologiecharakteristika und vor allem durch einen allgemeinen Wandel im Umgang mit IT zu erklären: Die genannten Erfolgsfaktoren stehen in enger Verbindung zu Phänomenen, die alle aktuellen Technologieinnovationen betreffen. Diese umfassen neben den Unternehmenskulturellen Auswirkungen von zunehmender Automatisierung und Augmentierung von menschlichen Aufgaben, eine erhöhte Vernetzung und komplexere Dynamik zwischen Marktakteuren (Versorger, Konsumenten, Prosumer, neue Intermediäre), sowie die Notwendigkeit des Neu- und Umdenkens in der Datensouveränität und Governance.