Autoren: Jannik Hartfil; EWE NETZ
Einleitung und Hintergrund
„EiVi“ und „SAM“ – diese zwei Abkürzungen standen in der Entwicklung von messdatenbasierten Mehrwertdiensten im Arbeitspaket 9 häufig im Fokus.
Bei „EiVi“ handelt es sich konkret um eine Einspeisevisualisierungs-App für Prosumer-Haushalte: die Erzeugungsleistung der hauseigenen PV-Anlage und der Haushaltstromverbrauch werden live und in historischen Verlaufskurven dargestellt und verrechnet. Die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen ermöglichen den Nutzern eine Optimierung ihres Verbrauchsverhaltens an die aktuelle und für die Zukunft prognostizierte Eigenproduktion. Eine Maximierung des Eigenverbrauchsanteils kann zu Kosteneinsparungen bei Prosumern führen.
Die technische Grundlage bildet hierzu das „SAM“. Das im enera-Projekt entwickelte smarte Aulsese- und Kommunikationsmodul erhebt die benötigten Messdaten am PV-Erzeugungszähler und am Netzübergabezähler des Testhaushalts.
Der Innovationsprozess, von der Ideengenerierung bis Demonstration, spiegelt in diesem Vorhaben beispielhaft das Heben von Synergien zwischen den involvierten Bereichen des enera-Projekts wider.
Ideengenerierung – Mehr Transparenz für Prosumer
Als „Ideen-Katalysator“ für Eivi diente der „Innovation Friday“. Im Rahmen dieses enera-Innovationsformates wurde zunächst das ursprüngliche Kundenproblem geschärft: Prosumern fehlt es häufig an Transparenz. Die aktuelle Stromproduktion ihrer PV-Anlage sowie der Anteil der Eigennutzung der erzeugten Strommengen ist - insbesondere über ausgewählte Zeiträume - nicht bekannt. Zwar ließe sich dies manuell durch Ablesung des Netzübergabe- und Anlagenerzeugungszählers oder Wechselrichters errechnen; dies wäre jedoch mit einem relativ hohen Aufwand und einem gewissen technischen Know-How verbunden.
Die Lösung sollte eine verständliche und übersichtliche Visualisierung der historischen, aktuellen und zukünftigen Energieflüsse im Prosumer-Haushalt sein. Auf Basis dieser Transparenz sollte dem Nutzer eine valide Grundlage zur Optimierung des Eigenverbrauchs und eine neue Basis für zukünftige energierelevante Entscheidungen geschaffen werden.
Die Funktionalität wurde anschließend mit über 42 weiteren messdatenbasierten Mehrwertdiensten hinsichtlich seines Kundennutzens und benötigten technischen Voraussetzungen gemeinsam mit den Konsortialpartnern the peak lab und der EWE AG weiter evaluiert.
Potenzialanalyse – Expertise aus dem enera-Umfeld
Die Serienreife des „SAM“ und die damit einhergehenden Verfügbarkeit einer technischen Lösung zur Erhebung von Strommesswerten, schuf entscheidende technische Rahmenbedingungen zur weiteren Erprobung einer Einspeisevisualisierungs-Anwendung. In der weiteren Schärfung des Kundennutzens und der Analyse des wirtschaftlichen Potenzials eines solchen Mehrwertdienstes, zum Beispiel in Form einer Kunden-App, profitierte das Projektteam von der Expertise aus dem erweiterten Umfeld des enera-Projekts. Dazu zählte mitunter die Teilnahme an einem Accelaration-Programm für Innovationen der EWE AG oder die Unterstützung durch Masterstudenten der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg im Rahmen des „Eco-Venturing“-Studienmoduls zur Förderung von nachhaltigen Umweltinnovationen. Die Methodik umfasste diverse Workshops in denen unter anderem Design-Thinking-Ansätze des enera techlabs zum Tragen kamen.
Die Potenzialanalyse resultierte in einem Anforderungskatalog, der Technik, Design und Funktionalitäten einer EiVi-App für die Vermarktung an eine durch Personas definierte Kundenzielgruppe beschrieb.
Abbildung 1: Der im Verlauf der Potenzialanalvse vom Konsortialpartner „the peak lab“ designte Click-Dummy stellt Erzeugungs- und Verbrauchskurven anhand einer Zeitachse dar, und bietet außerdem Handlungsempfehlungen zur Verbrauchsoptimierung
Demonstrationsphase - Technischer Durchstich und Synergien in der App-Entwicklung
Die initiale Zielsetzung der finalen Erprobungsphase beruhte auf der Demonstration der technischen Machbarkeit der für die weitere Ausprägung des EiVi-Produkts erforderlichen Messdatenerhebung. Kurzfristig erklärte sich ein PV-Prosumer-Haushalt aus dem enera-Umfeld für die Teilnahme an einem Feldtest bereit. Die technische Voraussetzung war durch die Verfügbarkeit zweier mit dem „SAM“ kompatibler moderner Messeinrichtungen ebenfalls gegeben.
Abbildung 2: Schematische Darstellung des Messkonzepts des Testhaushalts. Optische Auslesemodule (SAM) werden auf die modernen Messeinrichtungen montiert und versenden sekündlich Bezugs- bzw. Einspeise-Messwerte des Übergabezählers und des Erzeugungszählers.
Mit dem technischen Durchstich erfolgte die Aufnahme der EiVi-Funktionalität in die Entwicklungs-Roadmap der enera-App. Die für EiVi-Feldtestteilnehmer separat freischaltbare Zusatzfunktion gestattete die Nutzung der Basisfunktionalitäten des MVP; Visualisierung historischer Haushaltsverbrauchs- und Erzeugungswerte in an das enera-App-Design angepassten Säulendiagrammen; Darstellung des Eigenverbrauchsanteils; Hinterlegung von Stromtarifen und Einspeisevergütung zur wahlweisen Ansicht in kWh oder Euro; Live Bezugs- bzw. Erzeugungskurve.
Abbildung 3: Screenshots der EiVi-Funktion der enera-App. Die Anwendung zeigt den Haushaltsverbrauch und die Stromerzeugung über wählbare Zeiträume an. Die Nutzer erhalten außerdem eine übersichtliche Darstellung der anteiligen Nutzung der erzeugten Energie.
Zusammenfassung und Ausblick
Mit EiVi wurde im Verlaufe des Projekts ein auf Messwerte basierender Mehrwertdienst in Form eines MVP entwickelt und technisch demonstriert. Die Funktionalität der App unterstützt die zunehmende Anzahl von Prosumern vor allem in zwei Bereichen: Schaffung von Transparenz über die eigenen Energieflüsse und daraus resultierend, die Möglichkeit energiesparende Handlungen durchzuführen.
Obwohl bisher das SAM als technische Basis genutzt wurde, ist EiVi grundsätzlich unabhängig von der Datenquelle. Somit kann der Mehrwertdienst zukünftig auch bei intelligenten Messsystemen zum Einsatz kommen. Mit Unterstützung aus dem EWE DataLab konnten außerdem erste Prämissen für die Ausgestaltung der Prognose-Funktion gesetzt werden.