Autoren: Michael Stadler, BTC

Auslöser für die Arbeiten zum Energy Analyzer war ein Brainstorming, in dem es darum ging, welchen Mehrwert man auf Basis von Energiedaten für Kunden von Energievertriebsgesellschaften erzielen kann.

Die dabei generierte Grundidee war, beim Bereich Energieeffizienz anzusetzen, einem Bereich der insbesondere in Industrieländern im Hinblick auf die weltweiten Klimaziele ein hohes Potential zur Verminderung des CO2-Ausstoßes birgt.

Basierend auf dieser Grundidee wurden zwei Lösungen erdacht: Die Energy-Alarm-App und die Sanierungshelfer-App.

Bei der Energy-Alarm-App geht es darum, auf Basis online gemessener Energieverbrauchsdaten den Bürger zu alarmieren, wenn die Entwicklung seines Energiebedarfs darauf hindeutet, dass eine durch ihn voreingestellte Kostenschwelle überschritten wird. In diesem Fall können ihm Vorschläge zur dauerhaften Reduktion des Verbrauchs unterbreitet werden.

Energy-Alarm-App

Die Sanierungshelfer-App berechnet aus Gebäude- Umfeld-, Umwelt- und sozialen Daten einen Basis-Energieverbrauch für ein Gebäude. Beispiele für Gebäudedaten sind die Außenfläche und das Baujahr, ein Beispiel für Umfelddaten ist die Kaufkraft in dem Quartier, wo das Gebäude sich befindet. Datenbanken mit solchen Informationen werden von verschiedenen Firmen angeboten. Umweltdaten sind etwa Wetter- und Temperaturzeitreihen.

Der durch einen Algorithmus ermittelte Basis-Energieverbrauch wird durch die App dem tatsächlichen Energieverbrauch im Gebäude sowie in anderen vergleichbaren Gebäuden gegenübergestellt. Auf Basis der ermittelten Unterschiede im Energieverbrauch lässt sich ermitteln, wie hoch das Einsparpotential im Gebäude oder in der Wohnung bei der Ergreifung von Sanierungsmaßnahmen im Bereich Energieeffizienz sein könnte. Darauf basierend kann für Eigentümer mehrerer Liegenschaften angezeigt werden, in welcher Reihenfolge Sanierungsmaßnahmen in welchem Gebäude in Angriff genommen werden sollten, um energienutzungsbedingte CO2-Emissionen möglichst schnell zu reduzieren.

Anders als bei der Energy-Alarm-App werden für die Sanierungshelfer-App nicht nur Daten über die Energienutzung – die bei Einverständnis der Bewohner aus der Smart-Meter-Infrastruktur bezogen werden können – verwendet und Daten, die über Eingaben durch den App-Nutzer erfolgen, etwa zur Anzahl der Bewohner, sondern diese werden zusätzlich mit Daten aus anderen Quellen verschnitten.

Darstellung des Entwurfs für die Sanierungshelfer App
Click Dummy Sanierungshelfer

Ausarbeitung und Verprobung von Geschäftsmodellen und Verprobung der Ideen

Zunächst galt es, die Ideen zu visualisieren und das Interesse potenzieller Kunden an der Nutzung der Apps zu erfassen. Dazu wurden neben einem Erklärvideo Click-Dummies für die Sanierungshelfer-App und die Energy-Alarm-App erstellt, anhand derer die Bedienungsabläufe und resultierende Informationen visualisiert werden konnten.

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Clickdummy Sanierungshelfer App und Energy-Alarm-App

Abbildung: Screenshots aus den Click-Dummies (links Sanierungshelfer-App, rechts Energy-Alarm-App)

Anhand der Click-Dummies wurden die Ideen potentiellen Nutzern vorgestellt; unter anderem führten die Stadtwerke Lingen als Konsortialpartner im Projekt eine Kurzumfrage zum Nutzen der Energy-Alarm-App durch. Auf der der Messe E-World 2019 sowie bei Terminen mit verschiedenen Energievertriebsgesellschaften wurde mit Hilfe des Click-Dummies sowie des Erklärvideos und Erläuterungen möglicher Geschäftsmodelle Meinungsbilder zur Vermarktbarkeit der skizzierten Ansätze eingeholt. Die These dabei war, dass wenn Energievertriebsgesellschaften ihren Kunden so auf Basis einer geeigneten Lösung beim Energie- und Geldsparen helfen würden, ergäbe sich daraus sowohl ein positiver Klimaeffekt als auch eine gesteigerte Kundenbindung.

Darstellung zu möglichen Geschäftsmodellen im Kontext von Datenservices

Es ergaben sich Hinweise darauf, dass Privatkunden von Energievertriebsgesellschaften einen Mehrwert in den geschilderten Apps sehen würden, dass jedoch nur eine geringe Zahlungsbereitschaft für einen Zusatzservice besteht. Eigentümer von mehreren Wohn- oder Büroobjekten wurden nicht befragt, so dass sich keine Aussage zum Nutzen des Sanierungshelfer-Konzepts ergab.

Die angesprochenen Vertreter von Energievertriebsgesellschaften sahen einen potentiellen Nutzen in den vorgestellten Diensten oder Apps, beispielsweise zur Verwendung in gezielten Kampagnen. Voraussetzung für eine tatsächliche Nutzung solcher Data-as-a-Service (DaaS) – Angebote sei jedoch, dass standardisierte Angebote mit der Möglichkeit, diese punktuell zu abonnieren geschaffen werden müssten. Da sich solche Angebote nur rechnen, wenn sie von einer Vielzahl von Kunden genutzt werden, kamen wir auf Grund des geringen Interesses auf der E-World 2019 zu der Einschätzung, dass der Zeitpunkt für die Platzierung solcher Angebote am Markt noch zu früh ist.

Software-Funktionsmuster zur Demonstration von Energiedatenservices

Um die Machbarkeit zu demonstrieren, wurden im Projekt folgende Komponenten als Software-Funktionsmuster entwickelt:

  1. Ein Datenservice zur einheitlichen Ausgabe von Energiedaten aus unterschiedlichen Quellen an konsumierende IT-Services. Zu den Datenquellen zählten ein geographisches Informationssystem zur Zuordnung von Kunden zu Stadtteilen, das BTC Advanced Meter Management System zur Bereitstellung von Messdaten aus Smart Metern, fiktive Kundendaten einer Energievertriebsgesellschaft (Haushaltsgröße, gewählter Stromtarif, …) und schließlich fiktive Daten zu Kosten und Effizienz bestimmter Bau- oder Energiesparmaßnahmen. Der Energiedatenservice lief in der SAP Cloud Platform ab.
  2. Eine Logikkomponente und eine grafische Benutzeroberfläche zur Generierung von Vorschlägen für geeignete Effizienzmaßnahen basierend auf Kundendaten sowie historischen und aktuellen Stromverbrauchsdaten.
  3. „Eine Kopplung des Energiedatenservice mit dem prototypischen System „Offer-to-Cash“ des enera Konsortialpartners SAP SE zur Berechnung der Kosten für die Inanspruchnahme des Energiedatenservice. Diese Komponente wurde in einem Workshop gemeinsam von BTC und SAP SE entwickelt. “
  4. Eine Kopplung des Energiedatenservice mit der SAP Analytics Cloud zur Visualisierung der Nutzer verschiedener Tarife und Verbrauchsvolumina über Ortsteile einer Stadt. Dieses Funktionsmuster wurde zur Demonstration weiterer Verwendungsmöglichkeiten des Energiedatenservice entwickelt.
Umsetzung-Energy-Analyzer

Abbildung: Technische Umsetzung der Demonstratoren rund um den Energiedatenservice.

Fazit

Auf technischer Ebene konnte demonstriert werden, wie ein automatisch abrechenbarer Energiedatenservice Daten aus unterschiedlichen Quellen für verschiedene Anwendungsszenarien bereitstellen kann. Gespräche mit Energievertriebsgesellschaften ergaben, dass konkrete Angebote, die auf solchen Services beruhen, prinzipiell in Anspruch genommen würden, wenn sie standardisiert und preislich attraktiv zur Verfügung gestellt würden. Eine Umfrage bei Mitarbeitern der Stadtwerke Lingen ergab, dass die Energyalarm-App grundsätzlich eine nützliche Ergänzung des Angebots für Endkunden wäre, aber dass die Zahlungsbereitschaft der Endkunden als sehr gering eingeschätzt wird. Vermutlich wird der Nutzen dieser App und damit die Zahlungsbereitschaft größer, wenn das Einsparpotential auf Baiss des Energieverbrauchs für Wärme berechnet würde.