Autoren: Ann-Kathrin Detels, EWE AG

Ein Erfahrungsbericht

„Gut genug für jetzt“ oder auch „Jede Idee hat einen Wert“ - dies sind zwei der Leitsätze, die den Innovation Friday maßgeblich geprägt haben. Der Innovation Friday - was ist das eigentlich? Es handelt sich dabei um ein Workshop-Format, welches im Rahmen des enera Projekts konzipiert, zum Leben erweckt und iterativ weiter entwickelt wurde. Ziel dabei war es, zu lernen, die im Projekt enera gesammelten Erfahrungen, Erkenntnisse und Ansätze zur Generierung neuer Ideen zu nutzen. Ideen meinen dabei sowohl Produkte und Geschäftsmodelle als auch Prozessverbesserungen. Verankert war dieses Format im Arbeitspaket „Neue Geschäftsmodelle im Kontext des digitalen Energiesystems“, wo es der Phase der Identifikation und damit der ersten der drei Stufen (Identifikation / Potenzialanalyse / Demonstration & Erprobung) zuzuordnen ist. Es stellte ein Methodenformat dar, welches die Frage, wo neue Ideen herkommen und wie sie entstehen können, beantworten sollte.

Dieser Artikel ist ein Erfahrungsbericht darüber, was der Ursprung dieses Formats war, wie die Vorgehensweise aussah, welche Ergebnisse erzielt und welche Erfahrungen dabei gesammelt wurden.

Der Kerngedanke des Innovation Fridays

Mit Start des enera Projekts wurde sichtbar, dass in vielen der Themenbereiche bzw. Arbeitspakete Fragestellungen und Ansätze in die Luft geworfen wurden, ohne weiter verfolgt werden zu können. Es wurde deutlich, dass sich das Gesamtprojekt eher auf die Aufgabe konzentrierte, die Arbeitspakete entsprechend des Projektplanes umzusetzen. Es bestand jedoch wenig Raum dafür, neue Themen mit aufzunehmen.

Unter anderem aus diesem Grund, wurde initial das Arbeitspaket zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle im Kontext des digitalen Energiesystems ins Leben gerufen. Es sollte auf den im Projekt geschaffenen Rahmenbedingungen und Strukturen aufsetzen, um neue Ansätze datenbasiert voranzutreiben und explorativ zu entwickeln sowie zu demonstrieren. Die erste Phase in diesem Arbeitspaket widmete sich dazu der Identifikation von Ideen für datenbasierte Produkte und Geschäftsmodelle und es stellte sich dich Frage, wie diese identifiziert, aufgenommen und entwickelt werden können, um als Teil des Arbeitspakets umgesetzt zu werden.

Eben diese Aufgabe sollte – neben weiteren Formaten – der Innovation Friday erfüllen. Es ging darum, Themenbälle aufzunehmen, Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln und die so vorzubereiten, dass sie in die Umsetzung und Verprobung gebracht werden konnten. Dazu sollte ein offener Denkraum abseits der operativen Projekttätigkeiten geschaffen werden, in dem den Teilnehmern Zeit und Instrumente bereitgestellt wurden, um genau dies zu tun: kreative Ideen generieren. Des Weiteren sollten sie Impulse erhalten, um über ihre eigentlichen Themenfelder hinaus zu denken und so weitere Ideen für Lösungsansätze zu entwickeln. Diese Ideen sollten für das Projekt enera nutzbar gemacht werden, wozu eine methodische Aufbereitung sowie eine Bewertung des Potenzials erforderlich waren. Darüber hinaus verfolgte das Format implizit das Ziel, die im Projekt enera verankerte Vision unternehmensweit zu transportieren und das damit verbundene Mindset mit Fokus auf fachbereichsübergreifende und partnerschaftliche Zusammenarbeit sowie heterogene Teams zu verbreiten.

Die Vorgehensweise

Zu Beginn stand dabei lediglich ein sehr grobes Konzept bzw. eine Struktur, welche Themenblöcke es in dem Workshop-Format geben sollte, nämlich die Teile Strategie, Kreativität und Pitch. Darüber hinaus war der Input definiert: alle acht Wochen, 15 bis 20 Personen, an einem Freitag, ggf. durch Einbezug externer Speaker, Moderation durch mich und meine Kollegin. Der avisierte Output stand ebenfalls fest: Neue Ideen und Lösungsansätze für digitale Produkte und Geschäftsmodelle.

Ganz bewusst offen blieb die Frage, wie wir dorthin kommen würden. Diese Frage galt es im Verlauf auszugestalten und dem Motto „Learning-by-doing“ folgend bzw. iterativ an die Anforderungen zu entwickeln und anzupassen. Maßgeblich war es dabei, eine gute Balance zwischen Rahmen sowie Struktur und Freiräumen zu geben, um Kreativität zu fördern, aber auch die Produktivität sicher zu stellen. Es sollte keinen festgelegten Rahmen mit standardisierten Instrumenten geben. Vielmehr wurde die Art der Erarbeitung von einer Veranstaltung zur nächsten, in Abhängigkeit von Inhalten und Anforderungen entwickelt. Dabei war es wichtig, unterschiedliche Methoden und Ansätze auszuprobieren, um so an der Art und Weise wie diese eingesetzt und kombiniert werden zu lernen, um zu einem optimalen Ergebnis zu kommen. So wurden die Erfahrungen von einem zu nächsten Termin ausgebaut und nutzbar gemacht.

Im Hinblick auf den Teilnehmerkreis wurden im ersten Schritt lediglich die Mitarbeiter der EWE im Projekt enera berücksichtigt. Schnell stellte sich heraus, dass mit einem erweiterten Kreis, d.h. konzernweite Mitarbeiter unabhängig von einem direkten Bezug zum Projekt, noch vielfältigere Ideen entwickelt werden könnten. In der dritten Stufe wurde das Format auf Teilnehmer der enera Projektpartner ausgeweitet und beispielsweise als Teil des Arbeitspakets Neue Geschäftsmodelle im Kontext des digitalen Energiesystems unternehmensübergreifend mit den Partnern durchgeführt. Des Weiteren wurde mit dem fachlichen Hintergrund der Teilnehmer experimentiert. So wurden Veranstaltungen mit Teilnehmern mit sehr engem fachlichem Bezug bis hin zu Workshops mit themenfremden Teilnehmern durchgeführt. Ein wichtiger Aspekt war dabei auch immer die Heterogenität bzw. auch Diversität des Teilnehmerkreises sicherzustellen

Die Ergebnisse

In Zahlen kann das Format Innovation Friday wie folgt ausgedrückt werden:

  • In Summe wurden während der vierjährigen Projektlaufzeit 20 Veranstaltungen durchgeführt.
  • Das Zeitfenster eines Workshops lag dabei jeweils zwischen sechs und neun Stunden. Auch hier wurde mit Länge und Zeitpunkt (ganztägig, auf zwei Tage verteilt, Wochentag) experimentiert. Ausschlaggebend waren dabei die Verfügbarkeit der Teilnehmer sowie die Produktivität. In Summe sind so etwa 150 Workshop-Stunden zusammen gekommen.
  • Die Zahl der Teilnehmer lag je Workshop bei 15 bis 25 Teilnehmern. Dabei gab es sowohl Wiederkehrer als auch Neulinge, sodass in Summe ca. 300 Personen das Format kennen gelernt und zum Leben erweckt haben. Im Hinblick auf die Kommunikation funktionierte hierbei am besten die Mund-zu-Mund-Empfehlung auf Basis eigener Erfahrungen.
  • Je Workshoptag haben wir in einem zweistufigen Vorgehen Ideen entwickelt. In der ersten Stufe wurden grobe Ideen auf Masse gesammelt, wobei je Veranstaltung zwischen 20 und 50 Ansätze zusammengekommen sind. In der zweiten Stufe wurden in der Regel vier bis fünf ausgewählte Ideen ausgestaltet. Folglich kann man sagen, dass während der enera Projektlaufzeit in 20 Terminen rund 400 Grobideen der ersten Stufe und rund 80 konkretisierte Ideen der zweiten Stufe entstanden sind.
  • Ein Beispiel wie Ideation und anschließende Verprobung zusammenspielten, liefert EiVi. Die Idee für EiVi ist dabei in einem Innovation Friday entstanden (Mehr dazu im Artikel EiVi).

Im Hinblick auf die inhaltlichen Schwerpunkte der Veranstaltungen ist festzuhalten, dass es sowohl Veranstaltungen zur initialen Ideation und somit der reinen Generierung neuer Ideen und Ansätze gab, als auch Formate zur methodischen Ausgestaltung vorangegangener Ideen zur Beurteilung des Potenzials und zur Vorbereitung auf die weitere Umsetzung. In beiden Fällen wurde immer ein Leitthema festgelegt und im Vorfeld inhaltlich aufbereitet. Behandelte Themen umfassten unter anderem die nachfolgenden: „Customer Experience in der digital vernetzten Welt“, „B2B - Neue Wege zum Unternehmen als Kunden“, „Konnektivität“, „Cross-Industry“, „Plattformen“, „eMobilität“,   „Der Kunde im Mittelpunkt“ und „Quartiere“.

Im dritten Projektjahr wurde mit dem Format ein neuer Schritt gegangen, indem das Konzept des Innovation Fridays – die gezielte Entwicklung von Ideen mit Hilfe eines methodischen Werkzeugkoffers - mit den Ansätzen und Methoden des Data Thinking kombiniert wurde und so der Brain Friday ins Leben gerufen wurde. Dieser fand zwei Mal statt. Dabei ging es darum, Probleme zu identifizieren welche mit Hilfe von Daten gelöst werden können. Hierzu wurde ein sehr fachspezifisches Format durchgeführt, indem der Teilnehmerkreis sich aus Experten des Fachgebietes sowie Data Scientisten zusammensetzte. So konnten Ansätze nah am Fachgebiet entwickelt werden, deren Anschlussfähigkeit an das datenbasierte Umsetzungsformat der Brain Wave sichergestellt war.

Idee Quartiere Innovation Friday
Agenda Innovation Friday

Die Methoden

Wie geschildert, wurde der Innovation Friday von Veranstaltung zu Veranstaltung individuell gestaltet, wobei diese einem dreiteiligen Grundaufbau folgten. Dazu wurde ein Sammelsurium verschiedenster Methoden vorgehalten, welches in verschiedenen Kombinationen und Ausprägungen zum Einsatz gebracht wurde. So wurde eine Reihe von Elementen des Design Thinking verwendet, ohne dass der entsprechende Standardprozess in Gänze durchlebt wurde. Vielmehr haben wir einzelne Instrumente wie Kreativitätsmethoden, Interviewmethoden, Personas oder Business Canvases in verschiedensten Ausprägungen genutzt und kombiniert, aber auch für unsere Anforderungen angepasst. Die unterschiedlichsten Tools der Geschäftsmodell- und Produktentwicklung wurden also je nach Bedarf herangezogen und kombiniert. Demnach würde ich für dieses Format die wesentlichsten Methoden als den anlassbezogenen Einsatz einzelner Instrumente sowie die Kombination und Anpassung dieser für die entsprechenden Inhalte beschreiben.

In der Durchführung maßgeblich war der Aspekt nicht zwangsläufig am Plan festzuhalten sondern spontan zu reagieren und ggf. Anpassungen im Hinblick auf die Bedürfnisse der Gruppe und Inhalte zum entsprechenden Zeitpunkt zu treffen, um so den nächsten Schritt in der Entwicklung einer Idee bestmöglich gehen zu können. Weiterhin wichtig in der Durchführung war der Time Keeper, der den stark vom Timing geprägten Arbeitsmodus sicherstellte. Die Art und Weise wie zusammen gearbeitet werden sollte, war auf Augenhöhe und dynamisch.

Ein für den Arbeitsmodus prägendes Instrument stellten die eingangs erwähnter Leitsätze des Innovation Fridays dar. Diese gestalteten den Charakter der Workshops maßgeblich und etablierten sich ebenfalls mit der Zeit und Erfahrung. So wurden mit Hilfe des „Zwischenfreuens“ einzelne Arbeitsschritte anerkannt und so die Motivation der Teilnehmer hoch gehalten. Weiterhin stellte „Jede Idee hat einen Wert“ einen wesentlichen Grundsatz in der Phase der Kreativität dar, um gedankliche Hürden abzubauen, Offenheit zu leben und eine vorschnelle Bewertung von Ideen zu verhindern. „Gut genug für jetzt“ formte einen weiteren Leitsatz, um die Produktivität und Dynamik während der Veranstaltung sicherzustellen und zu tiefgehende und detaillierte Diskussionen zu vermeiden.

Zuletzt ist die Adobe Kickbox zu nennen. Da wir uns nicht nur auf die Generierung von neuen Ideen sondern auch die Ausgestaltung ebendieser und damit Sicherung der Anschlussfähigkeit in das Gesamtprojekt bzw. an Fachbereiche des Konzerns konzentrierten, haben wir diese als einen weiteren Methodenkoffer eingesetzt und für unsere Zwecke angepasst. Dabei wurden einzelne Elemente sowohl für die Workshop-Phase selber genutzt als auch den Teilnehmern als Instrument an die Hand gestellt, um die Nachverfolgung der Idee im Anschluss an die Veranstaltung sicher zu stellen.

Die Erkenntnisse

Ziel des Innovation Fridays war es, zu lernen, die im Projekt enera gesammelten Erfahrungen, Erkenntnisse und Ansätze zur Generierung neuer Ideen zu nutzen. Dazu haben wir in der Praxis erfahren, worauf es bei der Gestaltung eines solchen Workshop-Formats ankommt – sowohl im Hinblick auf die initiale Ausrichtung des Formats als auch hinsichtlich der Fähigkeit, dieses Format an die Bedürfnisse der Teilnehmer sowie der Inhalte anzupassen. So hat das Format es ermöglicht, in Phasen in denen das Projekt in bestimmten Themenbereichen Impulse benötigte, für eben diese Zwecke durchgeführt werden zu können. Darüber hinaus konnten folgende Erkenntnisse gesammelt werden:

  • Wir haben viel gelernt, über das Thema Zusammenarbeit in Teams und worauf es dabei insbesondere im Hinblick auf das kreative und iterative Arbeiten sowie die Entwicklung von neuen Geschäftsansätzen ankommt.
  • Dabei haben wir viel über die Bedeutung von Commitment erfahren – sowohl auf Teilnehmerebene als auch dem Umfeld einer umzusetzenden Idee.
  • Für die EWE als Energieversorger mit eher traditionellen Strukturen und Arbeitsweisen war dies ein wesentlicher Lernprozess sowie ein Hebel – zusammen mit anderen Formaten innerhalb des Projektes enera – sich mit neuen Arbeitsweisen zu beschäftigen und mit deren Einsatzmöglichkeiten im Unternehmen zu experimentieren.
  • Unsere Erfahrung zeigt die Notwendigkeit der Moderation eben solcher Formate auf, deren Aufgabe es ist, die Beidhändigkeit von Effizienz und Kreativität sicherstellen. Besondere Relevanz kommt dieser Aufgabe bei der Ideation zu, wobei es maßgeblich ist, initial Quantität zu produzieren, um im nächsten Schritt an der Qualität zu arbeiten.
  • Erste Erfahrungen konnten zudem dabei gesammelt werden, wie Ansätze, die im Ziel am besten sogar disruptiv sind, an bestehende Strukturen und Abläufe angebunden und innerhalb bestehender Rahmenbedingungen umgesetzt werden können, obgleich sie völlig andere Anforderungen stellen als das bisher bestehende Geschäft.

Eine grundlegende Erkenntnis ist die, dass Ideen gut und wertvoll sind und die Ausgangsbasis darstellen. Allerdings ist es damit nicht getan. Vielmehr ist es für den Erfolg und die Entfaltung des Potenzials maßgeblich, eben diese im Anschluss an ein Format voranzutreiben und einem Test am Markt zu unterziehen. Zu beachten sind dabei insbesondere auch die Anforderungen an Fähigkeiten, Ressourcen und Strukturen, die Dynamik, Freiräume zur Entfaltung und Schnelligkeit erlauben müssen. Heißt: ein Ideation Format wie der Innovation Friday kann noch so gut und ausgereift sein – werden die entwickelten Ideen nicht von der Organisation aufgegriffen und deren Umsetzung ermöglichst, bleiben sie genau das, was sie eingangs waren: Ideen.

Diese wertvollen Erfahrungen und Erkenntnisse, welche mit dem Innovation Friday im Rahmen des Projekt enera gesammelten wurden, können in Zukunft sowohl intern im EWE Konzern als auch extern bei Partnern und Kunden zur Entfaltung der Innovationskraft im digitalen Kontext der Unternehmen eingesetzt werden.