Autoren: Jöran Gertje, EWE NETZ GmbH

Wesentlich beteiligte Partner: EWE NETZ GmbH, EWE AG

1. Einleitung

Durch die Kontrahierung von Flexibilität am enera Flexmarkt verpflichtet sich ein Vermarkter gegenüber dem kontrahierenden Netzbetreiber, mindestens die kontrahierte Menge an Flexibilität mittels dazu berechtigten flexiblen technischen Einheiten zu erbringen.

Um die ordnungsgemäße Lieferung von Flexibilität nachvollziehen und verifizieren zu können, wurde im Rahmen des enera Flexmarktes ein Prozess zur Nachweisführung implementiert. Im Falle einer positiven Überprüfung im Rahmen der Nachweisführung wird ausgehend hiervon die Abrechnung angestoßen. Als Tool für die Umsetzung dient dabei die sogenannte Nachweisplattform.

Die Nachweisplattform ist an die „Smart Data and Service Platform“, kurz SDSP, angebunden. Aus dieser bezieht sie laufend verschiedene Eingangsdaten, die zur Verifikation der Flextrades benötigt werden.

Die zu ermittelnde, tatsächlich erbrachte Flexibilität entspricht dem realisierten Arbeitspunkt abzüglich der sogenannten Baseline. Der realisierte Arbeitspunkt gibt die kumulierte gemessene Ist-Leistung aller flexiblen technischen Einheiten eines Vermarkters innerhalb eines Orderbuches wieder.

Die Baseline hingegen stellt einen Referenzwert dar, dem der realisierte Arbeitspunkt gegenübergestellt wird.

Sowohl der realisierte Arbeitspunkt als auch die Baseline müssen zunächst anhand verschiedener Eingangsdaten ermittelt werden.

Der Prozess der Nachweisführung sowie die Verarbeitung der dafür benötigten Daten wird in diesem Dokument behandelt.

2. Einordnung von Nachweisverfahren und -plattform

Bevor in den folgenden Abschnitten das Nachweisverfahren sowie die damit verbundenen Schnittstellen und Prozesse erläutert werden, dient dieser Abschnitt der Einordnung des Nachweisverfahrens in den Gesamtkontext des enera Flexmarktes.

Der enera Flexmarkt ist Teil des Gesamtprojektes enera. Ziel dieser Idee ist es, eine alternative Möglichkeit zur Stabilisierung des Stromnetzes und damit zur Systemsicherheit zu erproben. Wesentliche Aspekte, die beim Aufbau des Marktes implementiert wurden, sind u. a. die prognosebasierte, vorausschauende Engpassbeseitigung und die wettbewerbliche Beschaffung von Flexibilität. Außerdem werden neben erneuerbaren Erzeugern auch Lasten zur Engpassbeseitigung herangezogen.

Der enera Flexmarkt grenzt sich daher deutlich vom Einspeisemanagement ab, das weder wettbewerblich noch vorausschauend stattfindet. Das Einspeisemanagement betrachtet außerdem nur die Einspeisung, während am Flexmarkt wie erwähnt auch Lasten zur Engpassauflösung oder -vermeidung herangezogen werden.

Zur Umsetzung des Konzeptes wurde eine Marktplattform aufgebaut, an der drei Netzbetreiber aller Spannungsebenen sowie sechs Vermarkter von Flexibilität aktiv geworden sind.

Der Begriff Flexibilität muss in diesem Zusammenhang als Verhaltensänderung oder Abweichung der Erzeugung oder dem Verbrauch von Energie zur ursprünglich geplanten Fahrweise einer Anlage verstanden werden.

Nachdem die Vermarkter Anlagen am Flexmarkt zertifiziert lassen haben, sind Sie dazu berechtigt, mittels dieser Anlagen Flexibilität am Markt anzubieten. Die Zertifizierung erfolgt über das sogenannte Flexregister, das eine zentrale Plattform zur Haltung von Anlagenstammdaten der am Flexmarkt partizipierenden technischen Einheiten darstellt.

Das Nachweisverfahren und damit die Nachweisplattform werden jeweils im Nachgang eines Flextrades relevant. Nachdem Netzbetreiber und Vermarkter einen Flextrade geschlossen haben und die Lieferung der Flexibilität erfolgt ist, muss diese noch durch den jeweiligen Netzbetreiber verifiziert werden. Die Verifikation dient der Überprüfung der ordnungsgemäßen Erfüllung gemäß Vertrag und liefert den Anstoß zur Abrechnung von Flextrades. Um diesen Prozess durchführen zu können, sind diverse Daten aus verschiedenen Quellen notwendig. Die Daten werden mittels der eigens für diesen Prozess entwickelten Nachweisplattform dargestellt. Die Nachweisplattform stellt somit das Tool dar, mittels dem die Netzbetreiber die Nachweisführung durchführen.

In den folgenden Abschnitten werden Datenwege und Schnittstellen sowie der Prozess, der auf der Nachweisplattform stattfindet, erläutert.

3. Eingangsdaten für die Nachweisführung

Neben diversen Daten, die die Vermarkter oder Anlagenbetreiber bereitstellen müssen, sind auch Netzbetreiber und der Plattformbetreiber EPEX SPOT zur Lieferung einiger Daten verpflichtet, damit eine ordnungsgemäße Nachweisführung sichergestellt werden kann.

In diesem Abschnitt werden die bereitzustellenden Daten und ihre Bedeutung für die Nachweisführung näher erläutert. Dabei werden zwei Anlagentypen unterschieden, für die unterschiedliche Daten geliefert werden müssen.

3.1 Anlagentyp 1: nicht-fahrplanfähige Anlagen

Unter dem Anlagentyp „nicht-fahrplanfähige Anlagen“ sind dargebotsabhängige Photovoltaik- und Windkraftanlagen zu subsumieren.

Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen produzieren weitgehend witterungsabhängig und zeigen keine Sensitivität der Einspeisemenge gegenüber typischen Großhandelspreisen.

Die größte Herausforderung bei diesen technischen Einheiten ist die Unsicherheit einheitenspezifischer Prognosen. Andererseits kann die mögliche Produktion der technischen Einheiten aus externen Bedingungen abgeleitet werden, unter der Annahme, dass die Energieproduktion aus diesen technischen Einheiten immer durch die physikalischen Bedingungen begrenzt ist. Daher wird die Baseline dieses Einheitentyps nicht ex-ante benötigt, sondern kann ex-post geliefert werden.

Bei der Zertifizierung von flexiblen technischen Einheiten kann der Vermarkter im Flexregister je technischer Einheit zwischen dem Spitz- und dem Pauschalnachweis wählen. Die Auswahl findet einmalig statt und ist anschließend bindend.

Spitznachweis

Die Basis-Baseline von Einheitentyp zum Zeitpunkt t entspricht der zu diesem Zeitpunkt möglichen Einspeisung der flexiblen technischen Einheit.

Der Spitznachweis wird analog zu dem Spitznachweis im Rahmen der Härtefallentschädigung des Einspeisemanagements angewandt.

Voraussetzung für die Anwendung des Spitznachweises im enera Kontext ist, dass die Anlagenbetreiber relevante Daten in viertelstündigen Werten zur Bildung des Referenzwertes liefern. Hierbei handelt es sich um gemessene Windgeschwindigkeiten zum Zeitpunkt t bei Windkraftanlagen sowie um Strahlungsdaten zum Zeitpunkt t bei Photovoltaikanlagen. Aus den gelieferten Daten und den Anlagenstammdaten wird dann die maximal mögliche Einspeisung zum gegebenen Zeitpunkt berechnet.

Primär wurde jedoch der Pauschalnachweis gewählt.

Pauschalnachweis

Der Pauschalnachweis wird analog zum Pauschalverfahren im Rahmen der Härtefallentschädigung des Einspeisemanagements angewandt.

Der Referenzwert wird dabei automatisiert unter Heranziehen des bereits vorliegenden Ist-Lastganges ex-post gebildet. Hierbei wird davon ausgegangen, dass sich die externen, physikalischen Bedingungen im Zeitraum der Maßnahme nicht verändert haben. Konkret bedeutet das, dass die letzte vollständig gemessene Viertelstunde vor Beginn des Flexibilitätsabrufs für die Dauer des Abrufes durchgeschrieben wird. Daraus ergibt sich der letzte gemessene Wert vor der Maßnahme als Referenzwert für die Erbringungskontrolle.

3.2 Anlagentyp 2: fahrplanfähige Anlagen

Am enera Flexmarkt sind unter diesem Anlagentyp Biogasanlagen sowie Speicher und Lasten zu subsumieren.

Im Gegensatz zu den nicht-fahrplanfähigen Anlagen werden die Referenzwerte dieses Anlagentyps grundsätzlich ex-ante benötigt. Der Vermarkter ist dazu verpflichtet, entsprechende Fahrpläne in viertelstündigen Werten mitzuteilen. Er hat dabei jederzeit die Möglichkeit, seinen bereits gemeldeten Fahrplan zu aktualisieren. Jeder Fahrplan wird mit einem Zeitstempel versehen und ist über die Nachweisplattform einsehbar. Als Referenzwert wird der jeweils aktuellste Fahrplan (laut Zeitstempel) vor Kontrahierung einer Flexibilität am Flexmarkt herangezogen.

Sofern ein Vermarkter am Flexmarkt aktiv werden möchte, muss ein Fahrplan erstmals mindestens zwölf Stunden vor Beginn der Maßnahme geliefert werden. Dieser muss einen Bereich von mindestens 24 Stunden umfassen. Zum Zeitpunkt des ersten Trades für einen Lieferzeitraum muss der letzte übermittelte Referenzfahrplan Werte bis mindestens zwölf Stunden nach dem Lieferzeitraum enthalten.

3.3 Übersicht über benötigte Daten

Nachdem die verschiedenen Anlagentypen in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben wurden, werden im Folgenden die für die Nachweisführung benötigten Daten zusammengefasst dargestellt.

Benötigte Daten von Anlagentyp 1

  • Maximal mögliche Einspeisung in viertelstündigen Werten (sofern der Spitznachweis gewählt wurde)
  • Gemessene Einspeisung in viertelstündigen Werten
  • Regelleistungszeitreihe als Differenzsignal zum ursprünglichen Referenzfahrplan in viertelstündigen Werten
  • Flex-ID als Einheitenidentifikation (aus dem Flexregister)
  • Windgeschwindigkeit (auf Nabenhöhe) und Strahlungsleistung (an der PV-Anlage) in mindestens viertelstündigen Werten (sofern der Spitznachweis gewählt wurde)

Die benötigten Daten können kontinuierlich oder erst nach Zustandekommen eines Trades (ex-post Lieferung) geliefert werden. Im Falle der ex-post Lieferung müssen die Daten spätestens am dritten Tag nach Lieferung der Flexibilität übermittelt werden. Maßgabe ist hier der Zeitstempel des Dateneingangs.

Benötigte Daten von Anlagentyp 2

  • Referenzfahrplan bzw. geplante Einspeisung oder Verbrauch (bei Lasten) inkl. Zeitstempel in viertelstündigen Werten
  • Gemessene Einspeisung bzw. Verbrauch in viertelstündigen Werten
  • Regelleistungszeitreihe als Differenzsignal zum ursprünglichen Referenzfahrplan in viertelstündigen Werten
  • Flex-ID als Einheitenidentifikation (aus dem Flexregister)

Mit Ausnahme des Referenzfahrplanes können die Daten kontinuierlich oder nur nach Zustandekommen eines Trades  bereitgestellt werden. Auch in diesem Fall müssen die Daten spätestens am dritten Tag nach Lieferung der Flexibilität übermittelt werden. Maßgabe ist hier der Zeitstempel des Dateneingangs. Die Referenzfahrpläne von Anlagentyp 2 müssen grundsätzlich ex-ante geliefert werden.

Benötigte Daten der Marktplattform

Die Tradedaten der Marktplattform werden in einem End-of-day-Report vom Plattformbetreiber EPEX SPOT geliefert. Die Reports müssen mindestens folgende Informationen erhalten:

  • Trade ID
  • Zeitpunkt des Trades
  • Orderbuch, in dem gehandelt wurde
  • Produktkategorie (Erneuerbare Einspeisung/Last)
  • Verkäufer-ID
  • Käufer-ID
  • Lieferzeitraum der Flexibilität
  • Menge
  • Preis

Benötigte Daten der Netzbetreiber

  • Einspeisemanagement-Maßnahmen mit Informationen zu den einzelnen Einheiten
  • Anlagenschlüssel für betroffene Anlagen mit Tonfrequenz-Rundsteuer-Empfänger (Zuordnung zur Flex-ID über Flexregister)
  • Stationsnummer für betroffene Anlagen mit Tonfrequenz-Rundsteuer-Empfänger (Zuordnung zur Flex-ID über Flexregister)
  • Start der Maßnahme
  • Ende der Maßnahme
  • Grad der Reduzierung in Prozent

4. Kalkulation und Klassifikation von gelieferter Flexibilität

In den folgenden Abschnitten wird die Bildung der Baseline anhand der im vorangegangen Abschnitt behandelten Daten sowie die Bildung von aggregierten Zeitreihen erläutert.

4.1 Bildung der Baseline

Wenn die Referenzwerte der Anlagentypen 1 bzw. 2 vorliegen, kann die Baseline, die dem gemessenen Ist-Wert gegenübergestellt wird, gebildet werden.

Die Baseline entspricht einem gebildeten (Typ 1) oder gelieferten (Typ 2) Referenzwert, der um Maßnahmen im Rahmen des Einspeisemanagements und um Regelleistungsabrufe bereinigt wurde.

Die Zeitreihen von Regelleistungsabrufen sind genau wie die Referenzwerte ebenfalls von den Vermarktern bereitzustellen. Die Zeitreihen über Signale im Rahmen des Einspeisemanagement werden vom anschließenden Netzbetreiber, EWE NETZ, zur Verfügung gestellt.

Auf vom Netzbetreiber gesteuerte Einsätze wie dem Abruf von Regelleistung oder Maßnahmen im Rahmen des Einspeisemanagements hat der Anlagenbetreiber keinen Einfluss. Dennoch sind diese bei der Bildung der für die Nachweisführung relevanten Baseline zu berücksichtigen. Es muss hierbei zwischen gleichgerichteten (gleiche Aktivierungsrichtung wie Flexibilität) und gegensätzlichen Aktivierungen (entgegengesetzte Aktivierungsrichtung wie Flexibilität) unterschieden werden.

Berücksichtigung von Maßnahmen im Rahmen des Einspeisemanagements

Der anschließende Netzbetreiber (EWE NETZ) liefert für alle von einer Einspeisemanagement-Maßnahme betroffenen Einspeiseobjekte Daten über die Maßnahme. Diese werden jedoch nicht als Zeitreihe, sondern als einzelne Datenpunkte geliefert. Diese Datenpunkte sind:

  • Start der Maßnahme
  • Ende der Maßnahme
  • Grad der Reduzierung in Prozent

Anhand dieser Daten und der Nennleistung der vom Einspeisemanagement betroffenen Anlage kann eine Zeitreihe für die jeweilige Maßnahme erstellt werden.

Da in enera nur erzeugungsbedingte Engpässe betrachtet werden, sind Einspeisemanagement-Maßnahmen im Rahmen von enera immer gleichgerichtet mit der Erbringungsrichtung von Flexibilität. Aus diesem Grund muss für eine vollständige Erbringung der Flexibilität diese auch zusätzlich zu der Einspeisemanagement-Maßnahme erbracht werden.

Für die Baseline wiederum bedeutet das, dass sie auf die Einspeisemanagement-Zeitreihe reduziert wird, sofern die Erzeugungsleistung durch die Einspeisemanagement-Maßnahme reduziert werden würde.

Berücksichtigung von Einspeisemanagement bei Bildung der Baseline

Berücksichtigung von Regelleistungsabrufen

Im Gegensatz zum Einspeisemanagement kann der Abruf von Regelleistung sowohl gleichgereichtet, als auch gegensätzlich zum Abruf von Flexibilität sein. Aus diesem Grund muss zwischen dem Abruf von positiver und negativer Regelleistung unterschieden werden.

Bei Abruf von negativer Regelleistung wird die Baseline um den Abruf der Regelleistung korrigiert.

Beim Abruf von positiver Regelleistung ist eine vollständige Erfüllung von beiden Verpflichtungen ausgeschlossen. Dies ist begründet in der Tatsache, dass bei gegensätzlicher Aktivierung, die eine Maßnahme (Flexabruf) die andere (Regelleistung) aufhebt.

Positive Regelleistung kann daher nicht in der Baseline berücksichtigt werden.

Zur Bildung der Baseline wird die Regeleistungszeitreihe in viertelstündigen Werten inklusive Start- und Endzeitpunkt der Maßnahme benötigt.

4.2 Bildung der aggregierten Zeitreihen

Die Nachweisführung für erbrachte Flexibilität erfolgt auf Basis aller flexiblen technischen Einheiten eines Vermarkters innerhalb eines Marktgebietes.

Daher müssen alle benötigten Zeitreihen der einzelnen Anlagen, die zur Nachweisführung herangezogen werden, zu einer Gesamtbaseline zusammengefasst werden.

Bildung der Trade-Zeitreihe

EPEX SPOT liefert spätestens am auf die Lieferperiode folgenden Tag Daten über alle in einer Lieferperiode getätigten Trades mit den dazugehörigen Informationen. Aus den einzelnen Trades wird die Trade-Zeitreihe gebildet.

Dabei werden alle Trades eines Vermarkters innerhalb eines Marktgebiets mit einer identischen Lieferperiode summiert. Die Lieferperiode entspricht dabei immer einem viertelstündigen Intervall. Im Falle von Stundenkontrakten werden diese auf vier viertelstündige Intervalle verteilt. Ein Wert in der Trade-Zeitreihe kann sich somit aus den Einzelwerten verschiedener Trades zusammensetzen. Die Anordnung der Trades erfolgt auf Basis des Zeitpunkts der Ausführung. Dieser Wert ist in den Reports, die von EPEX SPOT bereitgestellt werden, enthalten.

Abbildung 2: Schematische Darstellung einer Trade-Zeitreihe (Quelle: Eigene Darstellung)

Bildung der Baseline-Zeitreihe

Bei Erneuerbaren Energien muss bei der aggregierten Baseline beachtet werden, ob die Einheiten die Pauschal- oder Spitznachweisführung gewählt haben.

Bei fahrplanfähigen Anlagen ist zu beachten, welcher der übermittelten Fahrpläne für die Bestimmung der Baseline relevant ist, da innerhalb eines viertelstündigen Lieferzeitraums mehrere Trades zu unterschiedlichen Handelszeitpunkten von einem Vermarkter in einem Marktgebiet durchgeführt werden können.

In beiden Fällen müssen Einspeisemanagement-Maßnahmen und Regeleistungsabrufe Beachtung finden.

Grundsätzlich gilt, dass die aggregierte Baseline eines Vermarkters in einem Marktgebiet die Summe der Einzelbaselines (unter Berücksichtigung von Regelleistung und Einspeisemanagement) der berechtigten Einheiten zum Referenzzeitpunkt entspricht.

Die Gesamt-Baseline, gegen die die Erbringung von Flexibilität letztendlich gemessen wird, setzt sich aus den aggregierten Baselines der Anlagentypen 1 und 2 zusammen.

Bildung der Ist-Zeitreihe

Die Werte der Ist-Zeitreihe ergeben sich analog zur Bildung der Gesamtbaseline aus der Summe der gemessenen Einspeisung aller berechtigten Einheiten je Vermarkter und Marktgebiet.

Die für die Nachweisführung benötigten viertelstündigen Ist-Werte werden entweder vom Vermarkter bereitgestellt oder alternativ direkt vom Messstellenbetreiber geliefert.

Berechnung von gelieferter Flexibilität

Nachdem die aggregierten Zeitreihen von Baseline, Ist-Werten und Trades gebildet wurden, müssen diese, um die tatsächlich gelieferte Flexibilität ermitteln zu können, gegenübergestellt und verrechnet werden.

Dabei gilt, dass der Wert der Baseline-Zeitreihe zum Zeitpunkt t abzüglich des Ist-Wertes zum Zeitpunkt t mindestens dem Wert der Trade-Zeitreihe zum selben Zeitpunkt entsprechen muss, damit die Lieferung als erbracht einzustufen ist.

Um die Berechnung besser visualisieren zu können, wird ein Deltawert von Beginn bis Ende eines Tradezeitraumes gebildet. Der Deltawert entspricht dem Wert der Baseline abzüglich des Ist-Wertes zum gleichen Zeitpunkt und wird ausgehend von 0 dargestellt (vgl. Abb. 4). Der Deltawert muss größer oder gleich dem Betrag der Trade-Zeitreihe zum Zeitpunkt t sein, damit der Trade als erbracht zu klassifizieren ist.

Abbildung 3: Schematische Darstellung des Nachweisprozesses (Quelle: Eigene Darstellung)

Abbildung 4: Berechnung des Deltas zwischen Baseline und Ist-Wert (Quelle: Darstellung Nachweisplattform)

4.3 Klassifikation von erbrachter Flexibilität

Bei der Berechnung der Abweichung zwischen Gesamt-Baseline und erbrachter Flexibilität wird zwischen drei Klassifizierungen unterschieden.

  • Grün: Flexibilität wurde voll erbracht, d.h. die erbrachte Flexibilität ist größer oder gleich der auf dem enera Markt gehandelten Flexibilität inklusive einer Toleranzschwelle.
  • Orange: Flexibilität wurde nicht oder nur teilweise erbracht. Die Abweichung zwischen gelieferter und vertraglich vereinbarter Flexibilität ist bedingt durch Maßnahmen eines Netzbetreibers (Einspeisemanagement oder Regelleistungsabruf). Wenn die Abweichung auf Grund des Eingriffs durch den Netzbetreiber zustande kommt, wird die Flexibilität zwar als nicht oder nur teilweise geliefert klassifiziert, jedoch als unverschuldete Abweichung gekennzeichnet. Bei unverschuldeter Abweichung werden keine Pönalen durch den Vermarkter fällig.
  • Rot: Flexibilität wurde nicht oder nur teilweise erbracht. Es gab keine von Netzbetreibern initiierte Maßnahme (Einspeisemanagement, Regelleistung) oder die Maßnahmen rechtfertigen die Abweichung bei der gelieferten Flexibilität nicht. Für die Nicht-Erfüllung von kontrahierter Flexibilität ist eine Pönalzahlung des Vermarkters an den kontrahierenden Netzbetreiber fällig.

Der Netzbetreiber hat die Möglichkeit mit einer Toleranzschwelle zu arbeiten. Die Höhe der Toleranz ist individuell einstellbar. In der Praxis wurde analog zum Einspeisemanagementprozess mit einer Toleranz in Höhe von 5% gearbeitet. Wird keine Toleranz angewendet, so muss die gelieferte Flexibilität der kontrahierten Flexibilität exakt entsprechen oder größer sein, um als geliefert (grün) klassifiziert zu werden. Bei Verwendung einer Toleranz kann die gelieferte Flexibilität um die Toleranz in Prozent oder in MWh zur kontrahierten Menge abweichen und ist dennoch als grün zu klassifizieren.

Abbildung 5: Toleranzampel (Quelle: Darstellung Nachweisplattform)

Abbildung 6: Als nicht-erbracht klassifizierter Trade (Quelle: Darstellung Nachweisplattform)

5. Abrechnung

Ausgehend von der Klassifizierung wird die Abrechnung angestoßen. Abgerechnet werden alle Trades innerhalb des gewählten Abrechnungszeitraumes, die als erbracht, also grün, klassifiziert sind.

Der Abrechnungszeitraum ist der jeweilige Kalendermonat. Dieser umfasst alle für den Abrechnungszeitraum geschlossenen Flexverträge. Spätestens dreißig Werktage nach Ende des jeweiligen Abrechnungszeitraumes übersendet der Netzbetreiber dem Anbieter eine Abrechnung über alle für diesen Abrechnungszeitraum mit ihm geschlossenen Verträge. Die Fälligkeit der Abrechnungssumme ergibt sich aus dem Termin auf der Abrechnung. Spätestens zehn Werktage nach Zugang der Abrechnung beim Anbieter ist die Summe fällig.

Über die Nachweisplattform wird zum Zweck der Abrechnung eine Excel-Datei je Vermarkter und Abrechnungszeitraum exportiert. Diese Datei enthält sämtliche abrechnungsrelevanten Daten:

  • Trade ID
  • Ausführungszeit des Trades
  • Order ID
  • Zu vergütender Betrag in Euro
  • Menge gemäß Trade Confirmation in MW
  • Kontrahierte Menge in MWh
  • Gelieferte Menge in MWh
  • Startzeitpunkt der Lieferung
  • Endzeitpunkt der Lieferung
  • Marktgebiet ID
  • Produkt (RES/Non-RES)
  • Klassifizierung
  • Erbringungsfaktor

Die Datei enthält alle im relevanten Zeitraum mit dem betroffenen Vermarkter geschlossenen Trades. Alle grün (= erbracht) klassifizierten Trades werden zusätzlich ein weiteres Mal aufgelistet. Die Klassifizierung und damit die Auflistung in der Datei ist abhängig von der gewählten Toleranz. Bei einer hundertprozentigen Toleranz würde demnach eine 1:1-Beziehung zwischen der Gesamtmenge und der Anzahl der abzurechnenden Trades bestehen.

Die Excel-Datei erfüllt eine Doppelfunktion.

Zum einen fungiert Sie als Input-Datei für die Abrechnung und die Erstellung der Gutschrift, zum anderen dient Sie als Beleg zur Gutschrift für den Vermarkter und wird diesem im Anhang der Gutschrift zugesandt.

6. Fazit

Das Nachweisverfahren stellt einen wesentlichen Bestandteil des enera Flexmarktes dar. Durch die Nachweisführung auf der eigens dafür entwickelten Plattform konnten Flexabrufe plausibilisiert und kontrolliert werden. Durch die Kontrolle wurde einerseits sichergestellt, dass eine korrekte Abrechnung stattfinden konnte, andererseits hat ein Netzbetreiber die aus seiner Sicht enorm wichtige Transparenz darüber, ob sich flexible Einheiten entsprechend der Flexverträge netzdienlich verhalten haben oder ob es zu Verstößen bzw. zu Abweichungen in der Belieferung mit Flexibilität kam.